2020.


Wir schreiben den 31.12.2019. Die letzten Sekunden des Jahres werden runter gezählt. Fünf … vier … drei … zwei … eins …

Was habe ich von 2020 erwartet? Nicht viel, ich habe wirklich nicht viel erwartet. Alles was ich erwartet habe war Normalität. Ich wollte mein Leben zurück, mein altes Leben und meine Freiheit. Was habe ich von  2020 erwartet? Einen schönen Geburtstag, einen sonnigen Frühling, schöne Ostern und einen warmen, ausgelassenen Sommer. Mit meinen Freunden meine Freiheit feiern und lange Nächte genießen, einfach die Zeit vergessen und Spaß haben. Einen guten Start in meine Ausbildung natürlich, viele neue, interessante Menschen kennenlernen, aber auch alte Freunde wieder treffen. Vielleicht auch ein neues Auto, wer weiß das schon. Ein kuscheliger Herbst wäre schön und eine besinnliche Weihnachtszeit, in der man über Weihnachtsmärkte schlendert, sich gemeinsam kitschige Filme anschaut, sich zum Kekse backen trifft und vielleicht auch den einen oder anderen Glühwein gemeinsam vernichtet. Weihnachten zusammen mit der Familie genießen und nah beisammen sein. Feierlich würden wir das Jahr entlassen und hätten uns auf 2021 gefreut. Ein stinknormales Jahr, aber dennoch ein Neuanfang.
Was habe ich von 2020 erwartet? Nicht viel, aber wer hätte das schon ahnen können? 


Wir schreiben Dezember, Gegenwart, heute. Die Beleuchtung in den Fenstern und auf den Straßen, die Musik im Radio und mein großer Hunger auf alles was mit Zimt zutun hat, lassen darauf schließen welche Zeit wir momentan haben. Vereinzelt stehen ein paar Buden in der Innenstadt, um die Stimmung nicht ganz zu verlieren, ein bisschen Tradition zu bewahren und sich  natürlich selbst so gut es geht den Arsch zu retten. Schön wie ich finde, aber trotzdem eine komische Vorstellung: Wie es wohl normalerweise zurzeit dort ausgesehen hätte?
Es ist Dezember. Im Fernsehen laufen jedes Jahr Rückblicke, die zusammenfassen, was die letzten Zwölf Monate in der Welt los gewesen ist. Doch was zeigen, wenn nicht nur ich wegen meiner Krankheit isoliert bin und meine Kontakte einschränken muss, sondern das plötzlich die ganze Menschheit macht? Möchte man auf so ein Jahr zurückschauen? 

Nicht alle meine Erwartungen wurden enttäuscht. Es sind wahnsinnig schöne Dinge passiert. Ja, ich konnte meine Ausbildung antreten und ja, ich durfte schon spannende neue Leute kennenlernen. Ja, ich habe mir ein Auto gekauft und bin sogar in eine neue Wohnung gezogen. Ja, ich konnte mir dieses Jahr Wünsche erfüllen, doch alle schönen Momente stehen unter diesem riesigen Schatten. An all diese schönen Erfahrungen werde ich glücklich zurückdenken. Natürlich gab es auch tolle Momente in 2020, an die ich mich gerne zurückerinnern werden, doch ich möchte sie separat betrachten. Getrennt von all dem Mist in diesem Jahr, getrennt von dieser ätzenden Situation. Ich möchte an diese Momente zurückdenken und nicht jedes Mal m Kopf haben: „Was für ein toller Moment – wäre es nicht 2020.“ Wir haben das Beste aus einem Jahr gemacht, welches, wenn wir ehrlich sind, einfach für die Tonne ist. Wir haben das schönste aus einem Jahr herausgeholt, in dem ein wichtiger Teil zum Leben gefehlt hat: Nähe! Wir haben es fast geschafft, wir steuern auf die letzten Meter zu.

Was habe ich von 2020 erwartet? Nicht viel und alles was mir noch zu sagen bleibt ist: Ciao Kakao, Tschö mit Ö, Tschüsseldorf, Adios Amigo, Tschüssikowski, San Franschüssko, Tschüssing, Aus die Maus, Auf Wieder-Tschüss.

2021 – bitte sei nett! 

Wunsche sind da, um sie zu erfüllen.


Die Welt um mich herum dreht sich. Sie dreht sich schnell, so unglaublich schnell. Schneller als jemals zuvor. Während die Welt 2020 scheinbar stillsteht, passiert bei mir so viel. Träume werden erfüllt, neue Lebensabschnitte gestartet. Es passiert gar nichts und doch so viel. Die Welt steht scheinbar still, doch dreht sich um mich herum schneller als ich es jemals erwartet hätte. 

Es ist schon so lange her, dass ich mich das letzte Mal hingesetzt- und geschrieben habe.

Wann auch? Irgendwie fliegen die Tage nur so an mir vorbei. Montag, Freitag, Sonntag und schon wieder Montag. Jeder Tag dauert gefühlt 30 Minuten und ist dann auch schon wieder vorbei. Ich genieße es unendlich doll. Über ein Jahr habe ich nicht gearbeitet, weil es einfach nicht ging. Sowohl mein Körper, als auch physisch wäre ich dazu absolut nicht in der Lage gewesen. Wie sagt man so schön: Die Gesundheit geht vor  – und genau das war zu jeder Zeit mein Fokus. Nach einem Jahr ging es mir zwar schon ganz gut, jedoch übernehmen sollte ich mich auf gar keinen Fall. Was macht man dann? Ausschlafen? Nichts tun, während alle anderen produktiv sind? Am Besten noch den ganzen Tag fernsehen? Jeder, der schon einmal länger als 2 Wochen Urlaub hatte kennt das bestimmt: So für 2 Wochen ist es ganz cool ausschlafen zu können – man lebt in den Tag hinein. Es ist entspannt und man hat viel Zeit für sich – klingt doch super. Es ist super, bis dann die 2 Wochen vorbei sind und das entspannte Gefühl sich in Langeweile umwandelt, die sich dann in eine Art Angst entwickelt. Angst nicht mitzukommen. Ich bin 23 und kann mein Studium nicht weiter machen. Alle, aber wirklich alle um mich herum schließen ihre Ausbildungen ab oder schreiben ihre Bachelor-Arbeiten, alle um mich herum arbeiten und sichern sich ab für ihr Leben. Und ich? Ich bin durch einen Umstand an die Wohnung gekettet und darf nur minimal arbeiten, um mich selbst nicht zu überlasten. 

2020 sollte meine zweite Zeit in Isolation und gleichzeitig mein Neustart in ein normales Leben werden. Ein stinknormales Leben mit einem geregelten Job, festen Arbeitszeiten, einer tollen Wohnung und zwei wundervollen Kätzchen.  2020 ist auf so vielen Ebenen einfach ein ganz schlimmes Jahr, aber andererseits auch mein Neustart, meine Wiedergewinnung der Normalität und der Verlust dieser Angst nicht hinterher zu kommen. Ich bin 23 – 2 Jahre sind weg. Das ist jetzt so und das wird sich nicht mehr ändern, aber was soll’s! Wie viel liegt denn bitte noch vor mir? Wie viele Wünsche kann ich mir noch erfüllen und wie sehr kann ich es genießen zu tun, was ich möchte und nicht ständig an die Wohnung gefesselt zu sein. 

Am 01. August habe ich eine Ausbildung gestartet. Endlich! Die letzten Monate habe ich mich zwar mit Nebenjobs über Wasser gehalten, doch etwas handfestes habe ich einfach noch nicht in der Tasche. Es ist ein so schönes Gefühl wieder etwas für meine Entwicklung tun zu können – so wie gesunde Menschen – so, wie alle anderen auch. Ich lerne so viele tolle neue Menschen kennen und gewinne tausend neue Eindrücke. Das Leben geht weiter und nach einem endlosen halben Jahr, nach Beendigung der Intensivtherapie darf ich wieder produktiv sein, darf mein Leben weiterleben. 

Als wäre das alles nicht schon aufregend genug für mich, habe ich mir zusätzlich auch noch einen großen Traum erfüllt. Schon ganz lange wünsche ich mir zwei Kätzchen, die mich auf Trapp halten und durch die Wohnung scheuchen. Wenn ich etwas aus der Krankheit gelernt habe, dann dass man nichts aufschieben sollte. Es klingt zwar, wie ein kitschiger Wand-Tattoo-Spruch, doch es ist die Wahrheit – Wünsche sind da, um sie zu erfüllen. Nachdem ich lange gar keinen Kontakt zu Tieren haben durfte habe ich mir jetzt meinen Traum erfüllt und bin ganz verliebt in meine Schätze. 

Ob Corona mir das Jahr versaut hat? Niemals! Ich hätte niemals damit gerechnet, dass dieses Jahr so stattfindet. Ich dachte an Partys, Festivals, Sommerabende am Wasser mit einem Glas Aperol in der Hand und Live-Musik im Hintergrund. Es hätte so schön sein können. Doch ist es jetzt nicht auch schön?

Ich bin nicht in der Situation mich irgendwie beschweren zu wollen. Mein Jahr 2020 ist großartig, nur auf eine ganz andere Weise, eine Weise, die ich mir hätte niemals erträumen lassen. Keine Festivals, keine Partys, keine Menschenmengen und trotzdem, die Menschen, die ich liebe um mich Herum, und die Schritte die ich gehen wollte und will gehe ich und das in einem so hohen Tempo, trotz Corona, trotz eines „versauten“ Jahres.
Es ist ein leidiges und nerviges Thema, das keiner mehr hören kann und ich bin mir sicher, dass jeder mindestens 300 Kreuze macht, wenn alles vorbei ist.  Doch bis dahin sind wir kreativ und machen 2020 zu dem, was es ist: Einem Ereignisreichen Jahr, was uns im Nachhinein vielleicht nicht nur negativ in Erinnerung bleibt. 

Kreativität & Vorsicht.


Einige Wochen sind vergangen und was soll ich sagen? Es gab bisher auch einfach nichts zu erzählen. Meine Aktivitäten in der letzten Zeit lassen sich auf spazieren, kochen, backen, putzen und Sonne tanken reduzieren. Natürlich hocke ich nicht nur auf der Couch, sondern gehe auch vor die Tür, um mich zu bewegen. Es geht so schnell, dass der Körper Muskeln abbaut und das kann ich wirklich nicht noch einmal gebrauchen. Aus dem Grund soll ich sogar vor die Tür gehen, natürlich am besten ganz alleine und mit reichlich Abstand zu anderen Menschen. 

Einmal die Woche steht auch der Besuch beim Wochenmarkt an. Ich habe mir da einen kleinen Trick überlegt, der vermutlich nicht für jeden etwas wäre. Langschläfer kommen hierbei eher nicht auf ihre Kosten. Mein Tipp: So früh hingehen, wie es nur geht. Für mich heißt es so ca. 7:30Uhr, da bin ich dann fast komplett alleine und kann alles was ich brauche in Ruhe besorgen. Gehe ich dann gegen 10Uhr raus ist der Markt tatsächlich ziemlich voll und das wäre mir einfach zu riskant. 
Da meine Reha auf der Kippe steht, beziehungsweise es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie stattfindet, bin ich auf den „Sport-Zug“ mit aufgesprungen und gehe mehrmals die Woche Joggen. Ich muss zugeben: Gerne mache ich das nicht, aber nichts tun ist für mich keine Option. Ich fühle mich heute so fit, wie lange nicht mehr und das ist so ein fantastisches Gefühl. Quasi Reha von Zuhause. 


Häufig vergesse ich tatsächlich einfach was da draußen momentan eigentlich so los ist und werde unvorsichtig. Das Wetter lädt natürlich dazu ein nachlässiger zu werden und die Corona-Vorsichtsmaßnahmen zu „vergessen“. Ich kann das absolut nachvollziehen, es ist ja auch einfach nur menschlich bei der wundervollen Sonne nicht in der Bude hocken zu wollen, geht mir ja genauso. Jedoch hat es nichts damit zu tun sich trotz der Regelungen in Gruppen mit 5-6 Personen, häufig auch mehr, zu treffen und auf alles zu scheißen. Die Vorkehrungen werden zwar momentan gelockert, jedoch heißt es noch lange nicht, dass jetzt alles vorbei ist. Es ist ein absoluter Irrglaube zu denken, dass der Virus weg ist. Wenn wir danach gehen würden, wäre die Pandemie bald schneller und stärker zurück, als vorher. Ich weine um den Festival-Sommer. Ich weine um all die schönen Veranstaltungen, die diesen Sommer nicht stattfinden können. Ich weine um Deichbrand, ich weine um den Musiksommer im Fischereihafen und ich weine um die Sail. Endlich wieder loslegen zu können, endlich wieder Spaß haben, endlich wieder auch solche Veranstaltungen genießen zu können, wie alle anderen. Das war der Plan für dieses Jahr. 2020 wird mein Jahr habe ich gesagt und dann kam Corona. Doch was bringt das Meckern? Nichts, richtig! Ich bin traurig, ich bin wahnsinnig traurig, doch weiß ich auch, dass es mir dieses Jahr gut gehen wird und das macht es schon zu meinem Jahr. Auch ohne Veranstaltungen werde ich diesen Sommer in vollen Zügen genießen und jeden Moment versuchen so schön wie möglich zu machen, ohne mein Umfeld, meine Familie oder mich selbst zu gefährden.

Ich vermisse meine Familie und ich vermisse meine Freunde, doch bin ich nicht alleine und dafür bin ich unendlich dankbar. Wann kann man sich wieder ohne Bedenken besuchen? Wann muss man nicht mehr sein Leben nach diesem Virus ausrichten? Ich bin gespannt und kann es kaum erwarten. Doch trotz meiner Ungeduld heißt es jetzt weiter durchhalten und die Füße stillhalten. 
Der Sommer kommt trotzdem und er wird trotz dieses ganzen Spukes ein toller Sommer, den wir so schnell nicht vergessen werden, da bin ich mir sicher! Kopf in den Sand stecken hat noch nie jemandem etwas gebracht. Kreativität und trotz allem Vorsicht sind jetzt angesagt, um den Sommer 2020 zu einem Schönen zu machen.

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Ganz frisch 2 Artikel zu meiner Geschichte in Verbindung mit Corona:
https://www.bild.de/regional/bremen/bremen-aktuell/fenja-23-sie-hat-leukaemie-besiegt-jetzt-hat-sie-angst-vor-corona-70141878.bild.html

https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bloggerin-aus-bremerhaven-kennt-soziale-distanz-durch-ihre-krebserkrankung-_arid,1909113.html

https://www.norderlesen.de/Leute/Moin-Fenja-Harms-Kaffee-Talk-40687.html