Der Port ist raus.


Und so richtig realisiere ich das noch gar nicht.
Die Stelle, an der sonst eine kleine Erhebung neben einer Narbe zu spüren war, sitzt jetzt ein großes weißes Pflaster. Der Port ist raus, endlich. 

Seit Februar 2019 hatte ich das kleine, runde (?) Teil über meiner rechten Brust, durch das mir Blut abgenommen wurde, aber wodurch mir vor allem massenweise heilendes Gift in meinen Körper gepumpt wurde. Immer und immer wieder wurde der Port bis aufs äußerste strapaziert – bis jetzt, denn jetzt sitzt er nicht mehr über meiner Brust, sondern liegt in einer Plastiktüte bei meinen Krankenhausunterlagen.

„Möchtest du den Port mitnehmen, oder sollen wir den direkt entsorgen?“ – hm, eigentlich würde ich schon gerne einmal sehen, was ich die letzten 4 Jahre so mit mir rumgetragen habe und was mir letztlich mein Leben um einiges erleichtert hat. „Ich nehme ihn mit!“ 

So schön das Gefühl ist so ein Ding hoffentlich nie, nie, nie, niemals, niemals, nie mehr zu brauchen, umso schlimmer war meine Nervosität vor der Portexplantation. 

Das Teil kommt raus? Super – easy peasy, gaaaar kein Problem – ging mit Narkose rein, kommt mit Narkose wieder raus, klare Sache. Zu früh gefreut, beim Vorgespräch zur OP machte mir der zuständige Arzt ziemlich schnell klar, dass die Explantation viel einfacher wäre und dementsprechend eine Narkose nur unnötige Zeit aufwenden würde. Zusätzlich könnte ich nach einem ambulanten Eingriff mit örtlicher Betäubung direkt wieder nach Hause. Trotz meines aufsteigenden Zweifels wollte ich auf keinen Fall nach der OP im Krankenhaus bleiben und klammerte mich an den Gedanken so schnell es geht wieder auf meiner Couch zu liegen und mich nicht im Krankenhausbett auskurieren zu müssen. „Na gut, es ist ein Routineeingriff – halb so schlimm“, sagte ich mir immer wieder in der Hoffnung mich vielleicht irgendwann selbst überzeugen zu können.

Ich sage mal so, kurz vor der Portexplantation lagen meine Nerven blank. Die wollen jetzt wirklich an mir rumschnibbeln ohne, dass ich schlafe? Also so wirklich bei vollem Bewusstsein? Gruselig!
Als ich in den OP geschoben wurde schlug mir mein Herz bis zum Hals, was einer der drei anwesendes Ärzte schnell merkte. Er begann sich mit mir zu unterhalten, mir Fragen zu stellen und scherzte gemeinsam mit den anderen Ärzten und mir rum. Die Situation und meine Anspannung lösten sich etwas. „Sie dürfen auch Musik hören, überhaupt kein Problem“ – dankbar steckte ich einen AirPod in mein Ohr und machte so angenehme Musik wie möglich an und hoffte so auf andere Gedanken zu kommen.

Bevor es losging wurde ich mit Tüchern abgedeckt, sodass ich nichts sehen konnte. Zum Glück – mir anzuschauen, wie ich aufgeschnitten werde – nein, danke. 

Die Betäubung wurde gespritzt, was wenn ich ehrlich bin das Schmerzhafteste am gesamten Eingriff war. Um ganz ehrlich zu sein, es gab überhaupt nichts schmerzhaftes mehr, gar nicht, null. Aber meine Nervosität ablegen? Keine Chance!  Zu meinem Glück sprach, neben der beruhigenden Musik auf meinem rechten Ohr, den gesamten Eingriff einer der Ärzte mit mir und versuchte mich mal mehr und mal weniger erfolgreich vom Geschehen auf der anderen Seite des Tuches abzulenken. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde der vorletzte Stich gesetzt um meine Wunde zuzunähen, als ich plötzlich ein leichtes Piksen wahrnahm. „Es pikst.“ – „Es piepst?“, der nächste Stich folgte uns das Piksen wurde deutlich spürbarer und meine Stimme merklich lauter: „JA, es pikst!!!“ – „Okay, das war dann auch der letzte Stich – du hast es geschafft.“

Der Port ist raus und ich versuche das noch ein bisschen zu verstehen, dass nie wieder durch meinen 4-jährigen Begleiter Blut oder andere Flüssigkeiten laufen werden. 

Um ehrlich zu sein war das schlimmste am gesamten Eingriff meine Nervosität, denn Schmerzen hatte ich keine. Die Situation wach in einem OP zu liegen und zu merken, dass etwas an einem vorgenommen wird ist trotzdem für mich weiterhin ein sehr unangenehmer Gedanke und ich bin froh, wenn ich das möglichst so schnell nicht wieder erleben muss. 

Trotzdem möchte ich noch ein paar abschließende Wort finden, für alle, die es noch vor sich haben: Versucht euch nicht so verrückt zu machen wie ich es getan habe. Es ist einfacher gesagt, als getan – ich weiß, aber mit dem Wissen was ich jetzt habe, hätte ich mir den ganzen Stress ersparen können, denn das war wirklich das schlimmste an der Explantation.


Ich bin dankbar, dass ich den Port hatte und er meine Therapie so erleichtert hat. Ich bin dankbar, dass die Ärzte alle immer so toll zu mir waren und mich in jeder Situation unterstützt haben und vor allem bin ich dankbar dieses kleine Ding nicht mehr zu brauchen und es endlich nicht mehr über meiner Brust zu tragen. Ein weiterer, großer Schritt in Richtung Gesundheit ist geschafft. Ich bin dankbar. 

Ein riesiger Schritt in Richtung Gesundheit.


Weihnachten 2022. Vier Jahre ist es jetzt her, dass ich die Feiertage im Krankenhaus verbringen musste. Vier Jahre ist es her, dass meine Liebsten mich nicht einmal berühren durften und vier Jahre ist es her, dass die Ärzte mir sagten, dass eine sehr anstrengende Zeit vor mir liegen würde.
Vier Jahre später bin ich jetzt so weit, einen riesigen Schritt in meiner Behandlung zu machen. Vier Jahre später erlange ich ein weiteres Stück an Lebensqualität zurück.

Ein letztes Mal schoben die Schwestern gemeinsam mit der behandelnden Ärztin mein Krankenhausbett in den Behandlungsraum der Endoskopie. Die Schwestern suchten alle nötigen Utensilien zusammen und wuselten durch den Raum, bevor alles an dem Platz war, wo es hingehörte. Sauerstoff wurde mir zugeführt und ich spürte, wie die Dosis Propofol langsam in meine Venen gespritzt wurde und meine Augen schwerer wurden, bis ich schließlich einschlief.
Am 14. Dezember habe ich meine letzte Knochenmarkpunktion hinter mich gebracht. Endlich.

Ein aller letztes Mal wurde mein Knochenmark kontrolliert – was für ein surrealer Gedanke. Nie wieder morgens vor der Punktion nichts essen dürfen. Nie wieder zwei Stunden liegen müssen, damit auch ja keine Kopfschmerzen entstehen und vor allem nie wieder Rückenschmerzen an den folgenden Tagen danach. Ein schöner Gedanke all diese Dinge nie wieder erleben zu müssen.

Aber was bedeutet das jetzt für mich? Wie geht es jetzt weiter?
Ich bin an dem Punkt der Behandlung angekommen, an dem es nicht mehr nötig ist mein Knochenmark zu kontrollieren. Es reicht aus, mein Blut zu Kontrollieren und dies auch nur noch in einem Rhythmus von 3 Monaten. WAS FÜR EIN SURREALER GEDANKE. Reicht das denn überhaupt? Bin ich schon so weit?

Natürlich müssen die Ergebnisse abgewartet werden, aber die Ärztin war absolut optimistisch. „Dann kann der Port ja jetzt auch raus – Sollen wir direkt einen Termin für die OP machen? Wenn der nicht mehr gebraucht wird, soll der auch so schnell wie möglich raus.“
Alles geht jetzt so wahnsinnig schnell. Ein schönes Gefühl, weil alles plötzlich wieder so „normal“ wird, aber irgendwie ist es auch ein wenig beängstigend. Die Zuversicht der Ärzte gibt mir Sicherheit und auch der Gedanke daran, dass das Blut auch immer wieder kontrolliert wird, macht mich zuversichtlich.

Ein riesiger Schritt in Richtung Normalität. Ein wahnsinnig großer Schritt mich nicht mehr zu fühlen, wie ein kranker Mensch. Keine Punktionen mehr, ich kann es immer noch nicht fassen.

Weihnachten 2022. Vier Jahre ist es her, dass ich die Diagnose Leukämie erhalten habe. Wenn ich über die letzten 4 Jahre nachdenke, bin ich immer wieder verwundert, was ich alles geschafft habe und ich bin absolut stolz auf den Menschen, der ich jetzt bin. Vier Jahre ist es her, dass mein Leben auf den Kopf gestellt wurde und heute, 4 Jahre später, habe ich einen riesigen Schritt in Richtung Gesundheit gemacht, einen riesigen Schritt, den ich noch gar nicht so wirklich fassen kann.

Ich denke an alle Menschen, die sich in der gleichen Situation befinden, wie ich vor 4 Jahren. Ich denke an alle Menschen, die isoliert von ihrer Familie sind und ich denke an die Menschen, die vor einer schweren Zeit stehen. Ich weiß es ist schwer, aber es ist ein Weihnachtsfest von noch so vielen wunderschönen, die noch vor euch liegen!

Doch noch Teil meines Lebens.


6 Monate sind wieder um. Wie kann das sein? Ich war doch gerade erst hier.
Überall aus den Zimmern höre ich das Piepen von Maschinen, bei denen die Chemo-Mittel der Patienten der Tagesklinik fertig durchgelaufen sind. Zum Glück gilt dieses Piepen nicht mehr mir – schon lange nicht mehr.
Kontrolle ist gleichzeitig auch immer Konfrontation, mit dem was ich hinter mir habe, und mit dem was immer noch zu meinem Leben gehört. Zu gerne vergesse ich, was mein Körper schon alles durchgemacht hat und zu gerne vergesse ich, dass ich einfach noch nicht wieder der gesunde Mensch bin, der ich vorher war. Zu gerne schiebe ich alles von mir weg, auch wenn mein Körper mir immer wieder aufzeigt, was für mich richtig ist ignoriere ich dies doch zu gerne, um mein Leben so zu leben, wie ich es mir wünsche.


Meine Nase läuft und mein Hals kratzt. Nicht erst seit gestern. Der Husten wird mal besser und mal wieder schlimmer, je nachdem ob ich gerade Antibiotika nehme oder nicht. Keines der Mittel schlägt so wirklich an und somit trage ich seit dem 08. Mai einen Infekt mit mir rum, den ich einfach nicht loswerde. Mittlerweile haben wir den 17. Juni und die 3. Runde Antibiotikum versucht ihr Glück. Ich habe doch so viel vor, so viel zutun in diesem Sommer. Ich bin doch fit, was soll dem im Wege stehen? Corona ist in den Hintergrund gerückt und Medikamente nehme ich schon längst nicht mehr.
Was spricht dagegen, dass ich wieder voll durchstarte? Veranstaltungen finden statt, Feste werden gefeiert und die Angst etwas zu verpassen steigt mit jedem Sonnenstrahl. Nachholen muss ich, was ich die ganzen Jahre verpasst habe. Mittlerweile bin ich 25 – die Jahre, die mir genommen wurden müssen aufgeholt werden.

Schön wär’s.
Meine eigenen Ratschläge auf seinen Körper zu hören und meine ständige Angst etwas zu verpassen stehen dauerhaft im Widerspruch zueinander. Seit Ende 2018 war ich gezwungen eine Maske zu tragen, mein Immunsystem im Keller. Schutz war das Wichtigste, während und auch nach der Therapie. 2020 mit dem Beginn von Corona wurden die Masken nicht nur Normalität in meinem Alltag, sondern auch im Alltag von allen. Wann in dieser Zeit hätte mein Immunsystem sich regulieren sollen? Wann hätte es wieder seine volle Stärke erreichen sollen?
Corona hat mir schon gezeigt, dass mein Immunsystem geschwächt ist. Zwei Infektionen innerhalb kurzer Zeit – Spaß bringt das nicht. Mein erster Gedanke, als der Infekt jetzt durchgekommen ist: Nicht schon wieder. Doch alle Tests blieben negativ.
Die Menschen bewegen sich frei, ohne Maske, endlich wieder. Doch was sich auch frei bewegt sich Viren und Bakterien. Das ewige Desinfizieren, das ständige Tragen einer Maske, das Testen und der fehlende Kontakt zu Menschen haben mir ein gefährliches Gefühl von Sicherheit gegeben und eine falsche Einschätzung meines Immunsystems. Natürlich hatte ich plötzlich keine Erkältung mehr, keine Bronchitis oder Ähnliches. Wie denn auch, so von Viren komplett abgeschirmt?


Es geht mir gut. Zu Kontrollen muss ich im Verhältnis nur noch sehr wenig. Ich freue mich auf einen fantastischen Sommer und eine unbeschwerte Zeit, doch muss ich lernen, dass die Krankheit Leukämie, auch wenn ich sie zum Glück überstanden habe, einfach doch noch Teil meines Lebens ist. Leukämie ist keine Erkältung, kein grippaler Infekt. Leukämie ist eine Krankheit, die der Körper nicht mal eben vergisst. Ich zähle immer noch zu den Risikopersonen und mein Körper gibt mir Signale – Signale auf die ich lernen muss wieder zu hören.


Auf die letzten Meter.

Jetzt hat es mich auch erwischt, aber so richtig. Ob mein Körper wohl einmal alles mitnimmt? In Sachen Gesundheit bin ich scheinbar wirklich nicht so der Glückspilz. 

Ein leichtes Kratzen im Hals, ab und zu ein kurzes Husten – ich muss mir in Berlin eine Erkältung eingefangen haben. Oder nach dem Schwimmen, da bin ich auch mit nassen Haaren auf dem Fahrrad durch die Gegend gefahren, da habe ich mich bestimmt erkältet. Der Kopf fängt an schwerer und schwerer zu werden, ganz klar eine einfache Erkältung, nichts was nicht mit ein bisschen Schlaf erledigt wäre. Schlagartig Fieber, hohes Fieber, 39 Grad und noch höher. Als hätte mir jemand gegen den Kopf geschlagen, von einem auf den anderen Moment zu nichts mehr zu gebrauchen. Corona kann es nicht sein, die Tests sind alle negativ und ich bin ja auch doppelt geimpft – es ist zwar schon eine ganze Weile her, aber ich bin ja geimpft. 

Der Schlaf kann natürlich nicht abhelfen. Das Fieber bleibt und der Husten wird innerhalb weniger Stunden von einem leichten, lockeren zu einem festen, schmerzhaften Husten, der sich noch als sehr hartnäckig herausstellen soll.

Langsam mache ich mir Sorgen – Was ist, wenn es doch Corona ist? Ich bin vorerkrankt und da ist der Verlauf der Krankheit häufig ja nicht so milde. Was ist, wenn der Husten nur ein Anfang ist und ich irgendwann keine Luft mehr bekomme? Nein, nein, nein! Bisher sind alle Test negativ, kein Grund zur Panik, doch ein mulmiges Gefühl bleibt. Nach einer weiteren, durch den Husten halb schlaflosen Nacht die Gewissheit: Die Tests sind positiv und mich hat es erwischt, ich habe Corona. Keine Erkältung, kein grippaler Infekt, Corona. 

Toll, zwei Wochen Zuhause hocken. Zwei Wochen lang den Virus auskurieren. Zwei Wochen aus dem Fenster schauen und sich wünschen endlich wieder rauszudürfen. Tatsächlich habe ich die meiste Zeit mit meinen Symptomen zu kämpfen gehabt, weshalb ich von den zwei Wochen bestimmt eine komplett geschlafen habe. Der Husten war so ekelig und unerträglich, dass ich alles versucht habe, um ihn wegzubekommen –  Vick MediNight, literweise Hustensaft und sogar inhalieren. Ich habe vergessen wie schlimm ich inhalieren finde – Bah! Ob das alles etwas geholfen hat weiß ich nicht, vermutlich war das einfache Abwarten und Tee trinken das einzige Mittel, was nach knapp 1,5 Wochen seine Wirkung gezeigt hat. 

Eine Woche hat es gedauert bis ich mich nicht mehr wie ein Geist durch die Wohnung geschleppt habe. Eine Woche in der ich es nicht geschafft habe die Wäsche zu machen, die Geschirrspülmaschine auszuräumen oder durch zu saugen, ohne nach 5 Minuten komplett kaputt ins Bett zu fallen. Die zwei Wochen Quarantäne hat mein Körper wahrscheinlich auch einfach gebraucht um wieder fit zu werden. Sogar ein Pulsoximeter habe ich mir zugelegt, um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung ist. Ein bisschen Panik hatte ich schon – Vorerkrankung und Corona? Kann auch in die Hose gehen. 

Aber wieso habe ich mich überhaupt angesteckt, ich bin doch geimpft? Natürlich ist es möglich sich trotz Impfung mit Corona anzustecken. Die Impfung bewahrt uns davor einen schlimmen Verlauf zu erleiden, oder schlimmsten Falls ins Krankenhaus zu müssen. Warum es mich dennoch recht „doll“ getroffen hat kann ich nur vermuten. Im Dezember wären bei mir 6 Monate um gewesen. 6 Monate ist die zweite Impfung dann bereits her, welche ich bekommen habe, als ich noch Immunsystem-schwächende Medikamente bekommen habe. Bereits bei der ersten Impfung wurde ich darauf hingewiesen, dass bei mir die Impfung nicht seine volle Wirkung ausbreiten könne, da diese Medikamente es etwas einschränken. Dieser Umstand gepaart mit dem Zeitpunkt und ein wenig Pech haben mir diese Infektion mit den nicht so angenehmen Symptomen eingebrockt denke ich zumindest. Jedoch bin ich froh den Schutz trotzdem zu haben, wer weiß, wie es mir ohne jetzt gehen würde? Man kann es nicht sagen, aber etwas anderes möchte ich bei meiner Vorerkrankung auch einfach nicht riskieren. Auch ohne meine Geschichte würde ich persönlich das nicht riskieren wollen. 

Ich weiß nicht wo ich mir den Virus eingefangen habe, aber ganz egal wo und wie, ich bin ganz froh, dass es trotz nicht so angenehmer Symptome glimpflich verlaufen ist und ich die letzten Tage jetzt absitze, um am Mittwoch wieder in die Freiheit zu dürfen. Niemandem wünsche ich, dass er so ausgeknockt wird und es kann auch noch schlimmer verlaufen. Lasst euch impfen – egal die wie viele Spritze jetzt an der Reihe ist – der Scheiß soll endlich ein Ende haben und nicht noch mehr Leben kosten.  

Erhaltungatheraphie DONE.


Es fühlt sich irgendwie surreal an. Es fühlt sich komisch an, denn es ist zu einem Teil meines Lebens geworden. Ein Teil, nachdem ich nie gefragt habe. Ein Teil, den ich nie wollte. Es ist absolut merkwürdig, dennoch könnte ich nicht glücklicher sein.
Seit November 2019 ist meine Intensiv-Therapie vorbei und die Erhaltungs-Therapie ist gestartet. Seit November 2019 nehme ich täglich Medikamente, die meine Leukozyten runterdrücken und somit mein Immunsystem schwächen. Seit November 2019 nehme ich noch wöchentlich Chemotabletten und das hat jetzt tatsächlich nach fast 2 Jahren ENDLICH ein Ende – mal abgesehen von dem Gift, welches 2018 – 2019 ständig durch meinen Körper gepumpt wurde.


Die Erhaltungstherapie ist vorbei, was für ein merkwürdiges aber auch unglaublich befreiendes Gefühl. Keine Tabletten mehr nehmen – geht das überhaupt? Bin ich schon soweit? Seid ihr euch wirklich sicher? Ist das nicht gefährlich? Aus den wöchentlichen Besuchen beim Hausarzt werden monatliche Besuche und neben der unendlichen Freude über das Geschaffte, über das Ende, über den Erfolg, schwebt immer ein klein wenig Sorge mit. Ich bin daran gewöhnt die Tabletten zu nehmen, weil sie für mich  einen weiteren Schritt in Richtung vollständiger Gesundheit bedeuten und damit soll ich jetzt aufhören? Ich kann mein Abendritual zum Nehmen der Tabletten einfach abstellen, es wird keine Magenprobleme, keine merkwürdigen Hautausschläge, keine Probleme mit der Leber und keine Schwächeanfälle, die mich häufig noch in die Knie zwangen, durch die Tabletten mehr geben. Ich kann es noch nicht wirklich fassen, aber es fühlt sich so, so, so gut an. 

Die Punktionen, noch zwei Mal im 3 Monatstakt und danach alle 6 Monate, finden weiterhin zur Kontrolle statt. Es ist nicht schön, aber es gibt mir Sicherheit. Ich stelle es mir vor wie ein Gefühl im freien Fall, jemanden nach all den Strapazen einfach gehen zu lassen, ohne weitere Kontrollen, ohne Acht, ohne Ansprechpartner. Es ist nicht zu beschreiben, ich hasse es im Krankenhaus und bin doch wahnsinnig glücklich, dass die Ärzte mit mir sprechen, alles kontrollieren und ich nicht „alleine“ bin. Es ist ein Gefühl von Sicherheit, dass Menschen die tagtäglich mit der Krankheit zutun haben ein Auge auch mich haben, auch wenn es nur in Abständen von drei oder sechs Monaten ist. 

Ich kann es noch nicht ganz fassen, dass die Therapie jetzt wirklich ein Ende haben soll. 

Im Dezember 2018 wurde bei mir Akute lymphatische Leukämie diagnostiziert. Chemotherapie und Bestrahlung haben an mir gezerrt, doch ich hatte mein Ziel immer im Blick und es gibt immer nach vorne. Die Therapie ist heute nach fast 2 Jahren beendet und ich könnte nicht stolzer auf mich sein. Die Krankheit wird mich immer ein Stück begleiten und auch wenn mich in naher Zukunft noch regelmäßige Kontrollen erwarten bin ich unendlich froh meine Gesundheit Stück für Stück zurückzuerlangen und ich bin auf einem verdammt guten Weg! 

Es riecht nach Freiheit.


Könnt ihr das riechen? Hoffnung liegt in der Luft. Hoffnung auf Unbeschwertheit, Hoffnung auf Freiheit, Hoffnung auf Normalität. Gefühlt jeder zweite hat bereits die Impfung bekommen oder hat ein Angebot in Aussicht – plötzlich geht alles ganz schnell. Es macht Mut. Mut zu sehen, dass nach all den zerrenden Maßnahmen ein Licht am Tunnel ist. Es macht Mut zu sehen, wie die Menschen in meinem Umfeld langsam wieder beginnen aufzuatmen. 

22.04.21

Wer hätte jemals gedacht, dass wir einmal Sehnsucht danach haben in ein Restaurant oder eine Bar gehen zu können? Dass wir liebend gerne Unmengen für Getränke bezahlen würden, oder die 30 Minuten Warten vor dem Club plötzlich absolut ertragbar werden – Hauptsache unter Leute. 

Wer hätte gedacht, dass es einmal illegal sein würde sich mit allen Familienmitgliedern gleichzeitig zu treffen. Wer hätte gedacht dass es einmal verboten sein wird nach 22 Uhr das Haus zu verlassen. Es ist ein Licht am Ende des Tunnels und auch wenn ich es schon lange nicht mehr hören kann und jedem buchstäblich ins Gesicht treten möchte, der noch einmal sagt: „Wir müssen jetzt durchhalten“, ist da etwas dran. Könnt ihr das riechen? Auch wenn es Stück für Stück geht – das Leben, wie wir es kennen, oder wenigstens etwas, was dem nahe kommt ist zum greifen nah und ich kann es kaum erwarten. 

02.2021

Gestern war es wieder soweit – 3 Monate sind schon wieder um und ich trete meinen Gang ins Krankenhaus zur elendigen Knochenmark-Punktion wieder einmal an. Halleluja, es ist zum Glück nur noch die Standart Punktion und nicht mehr die ätzende Lumbal-Punktion, bei der ich meinen Rücken zu meinem Katzenbuckel formen musste und die Spritze dann direkt .. ich erspare Details. Ich bin unendlich dankbar, dass ich die Knochenmark-Punktion sediert, also schlafend über mich ergehen lassen kann. Dann darf ich zwar vorher nicht essen, was mir wiiiiiiirklich schwer fällt, aber was solls – jammern auf hohem Niveau. Die letzten 3 Monate verliefen nicht immer so glimpflich wie die Anfangszeit mit meinen Medikamenten. Immer wieder traten Nebenwirkungen auf: Hautausschlag auf Rücken, Brust und im Gesicht, Übelkeit und immer mal wieder Fieber und Erschöpfung. Es ist doch merkwürdig – ein Jahr klappt alles wie geschmiert und plötzlich meint mein Köper sich zu wehren: „Sachmal, langsam reicht es aber auch, oder meinst du nicht, Fenja?“ – Leider nein, leider gar nicht. Lange dauert es jedoch nicht mehr, bis der Medikamentenwahnsinn endet. Noch 3 Monate – drei Monate, die wahrscheinlich wieder verfliegen werden.
Nach der nächsten Punktion bin ich befreit. Bereift von der abendlichen Routine, befreit von unangenehmen Nebenwirkungen. 

Es geht mir fantastisch, ich kann es gar nicht anders sagen, ich fühle mich normal, glücklich. Man sieht mir die Krankheit schon lange nicht mehr an und ich habe wieder Kraft. Es geht mir fantastisch, doch in diesen Momenten der – ich werde nicht sagen Schwäche, weil es keine Schwäche ist – eher Erschöpfung, wird mir doch schnell klar, dass ich auf mich Acht geben muss, immer noch und dass ich eben doch noch nicht ganz durch bin mit diesem Kapitel und das vermutlich auch noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird. 

Das letzte Jahr hat mich immer wieder in Angst versetzt. Angst, dass meine Familie sich ansteckt. Angst, dass meine Freunde sich anstecken. Angst, dass ich mich anstecke – weiß der Geier wie das ausgehen würde. Ich bin dankbar, dass bis jetzt sowohl meine Freunde, als auch meine Familie wenig Kontakt mit dem Virus gehabt haben und wir uns nun auf der hoffentlich Zielgeraden befinden. Der Schutz durch diese Impfung nimmt mir dieses schwere Gefühl der Sorge und schenkt mir Sicherheit – Sicherheit, die ich in den alltäglichsten Situationen nicht mehr hatte. Ich war immer ein Mensch, der alle willkommen geheißen hat, doch das war nicht mehr möglich. Ich möchte wieder zu dem Menschen werden, der nicht denkt jede weitere Person ist eine zu viel – das finde ich wirklich furchtbar und freue mich schon darauf diese grausame Eigenschaft wieder abzulegen. 

Ich bin dankbar für diese Sicherheit, dankbar dass es mir gut geht, dankbar dass auch in der Erhaltungstherapie große Schritte Richtung Ende gemacht werden. Ich freue mich auf wärmere Tage in Gesellschaft vieler Gesichte, die ich das letzte Jahr nicht sehe konnte. Sommer? Bitte sei nett. 

28.05.2021

P.S. Gestern war nicht nur wiedermal ein Aufenthalt im Krankenhaus, sondern auch passend dazu der „world-bloodcancer-day“ – „Welt-Blutkrebs-Tag“. An dieser Stelle kann ich nur zum tausendsten Mal aufrufen: Solltet ihr im passenden Alter, gesund und noch nicht typisiert sein, dann lasst euch bei der DKMS registrieren. Einfach kann man nicht zum Helden werden. So viele Menschen erkranken an Blutkrebs und es gibt schon so tolle Möglichkeiten dieses Arschloch zu bekämpfen. Je mehr Menschen registriert sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit Leben zu retten. Also do it – Stäbchen rein, Spender sein. 

2020.


Wir schreiben den 31.12.2019. Die letzten Sekunden des Jahres werden runter gezählt. Fünf … vier … drei … zwei … eins …

Was habe ich von 2020 erwartet? Nicht viel, ich habe wirklich nicht viel erwartet. Alles was ich erwartet habe war Normalität. Ich wollte mein Leben zurück, mein altes Leben und meine Freiheit. Was habe ich von  2020 erwartet? Einen schönen Geburtstag, einen sonnigen Frühling, schöne Ostern und einen warmen, ausgelassenen Sommer. Mit meinen Freunden meine Freiheit feiern und lange Nächte genießen, einfach die Zeit vergessen und Spaß haben. Einen guten Start in meine Ausbildung natürlich, viele neue, interessante Menschen kennenlernen, aber auch alte Freunde wieder treffen. Vielleicht auch ein neues Auto, wer weiß das schon. Ein kuscheliger Herbst wäre schön und eine besinnliche Weihnachtszeit, in der man über Weihnachtsmärkte schlendert, sich gemeinsam kitschige Filme anschaut, sich zum Kekse backen trifft und vielleicht auch den einen oder anderen Glühwein gemeinsam vernichtet. Weihnachten zusammen mit der Familie genießen und nah beisammen sein. Feierlich würden wir das Jahr entlassen und hätten uns auf 2021 gefreut. Ein stinknormales Jahr, aber dennoch ein Neuanfang.
Was habe ich von 2020 erwartet? Nicht viel, aber wer hätte das schon ahnen können? 


Wir schreiben Dezember, Gegenwart, heute. Die Beleuchtung in den Fenstern und auf den Straßen, die Musik im Radio und mein großer Hunger auf alles was mit Zimt zutun hat, lassen darauf schließen welche Zeit wir momentan haben. Vereinzelt stehen ein paar Buden in der Innenstadt, um die Stimmung nicht ganz zu verlieren, ein bisschen Tradition zu bewahren und sich  natürlich selbst so gut es geht den Arsch zu retten. Schön wie ich finde, aber trotzdem eine komische Vorstellung: Wie es wohl normalerweise zurzeit dort ausgesehen hätte?
Es ist Dezember. Im Fernsehen laufen jedes Jahr Rückblicke, die zusammenfassen, was die letzten Zwölf Monate in der Welt los gewesen ist. Doch was zeigen, wenn nicht nur ich wegen meiner Krankheit isoliert bin und meine Kontakte einschränken muss, sondern das plötzlich die ganze Menschheit macht? Möchte man auf so ein Jahr zurückschauen? 

Nicht alle meine Erwartungen wurden enttäuscht. Es sind wahnsinnig schöne Dinge passiert. Ja, ich konnte meine Ausbildung antreten und ja, ich durfte schon spannende neue Leute kennenlernen. Ja, ich habe mir ein Auto gekauft und bin sogar in eine neue Wohnung gezogen. Ja, ich konnte mir dieses Jahr Wünsche erfüllen, doch alle schönen Momente stehen unter diesem riesigen Schatten. An all diese schönen Erfahrungen werde ich glücklich zurückdenken. Natürlich gab es auch tolle Momente in 2020, an die ich mich gerne zurückerinnern werden, doch ich möchte sie separat betrachten. Getrennt von all dem Mist in diesem Jahr, getrennt von dieser ätzenden Situation. Ich möchte an diese Momente zurückdenken und nicht jedes Mal m Kopf haben: „Was für ein toller Moment – wäre es nicht 2020.“ Wir haben das Beste aus einem Jahr gemacht, welches, wenn wir ehrlich sind, einfach für die Tonne ist. Wir haben das schönste aus einem Jahr herausgeholt, in dem ein wichtiger Teil zum Leben gefehlt hat: Nähe! Wir haben es fast geschafft, wir steuern auf die letzten Meter zu.

Was habe ich von 2020 erwartet? Nicht viel und alles was mir noch zu sagen bleibt ist: Ciao Kakao, Tschö mit Ö, Tschüsseldorf, Adios Amigo, Tschüssikowski, San Franschüssko, Tschüssing, Aus die Maus, Auf Wieder-Tschüss.

2021 – bitte sei nett! 

Wunsche sind da, um sie zu erfüllen.


Die Welt um mich herum dreht sich. Sie dreht sich schnell, so unglaublich schnell. Schneller als jemals zuvor. Während die Welt 2020 scheinbar stillsteht, passiert bei mir so viel. Träume werden erfüllt, neue Lebensabschnitte gestartet. Es passiert gar nichts und doch so viel. Die Welt steht scheinbar still, doch dreht sich um mich herum schneller als ich es jemals erwartet hätte. 

Es ist schon so lange her, dass ich mich das letzte Mal hingesetzt- und geschrieben habe.

Wann auch? Irgendwie fliegen die Tage nur so an mir vorbei. Montag, Freitag, Sonntag und schon wieder Montag. Jeder Tag dauert gefühlt 30 Minuten und ist dann auch schon wieder vorbei. Ich genieße es unendlich doll. Über ein Jahr habe ich nicht gearbeitet, weil es einfach nicht ging. Sowohl mein Körper, als auch physisch wäre ich dazu absolut nicht in der Lage gewesen. Wie sagt man so schön: Die Gesundheit geht vor  – und genau das war zu jeder Zeit mein Fokus. Nach einem Jahr ging es mir zwar schon ganz gut, jedoch übernehmen sollte ich mich auf gar keinen Fall. Was macht man dann? Ausschlafen? Nichts tun, während alle anderen produktiv sind? Am Besten noch den ganzen Tag fernsehen? Jeder, der schon einmal länger als 2 Wochen Urlaub hatte kennt das bestimmt: So für 2 Wochen ist es ganz cool ausschlafen zu können – man lebt in den Tag hinein. Es ist entspannt und man hat viel Zeit für sich – klingt doch super. Es ist super, bis dann die 2 Wochen vorbei sind und das entspannte Gefühl sich in Langeweile umwandelt, die sich dann in eine Art Angst entwickelt. Angst nicht mitzukommen. Ich bin 23 und kann mein Studium nicht weiter machen. Alle, aber wirklich alle um mich herum schließen ihre Ausbildungen ab oder schreiben ihre Bachelor-Arbeiten, alle um mich herum arbeiten und sichern sich ab für ihr Leben. Und ich? Ich bin durch einen Umstand an die Wohnung gekettet und darf nur minimal arbeiten, um mich selbst nicht zu überlasten. 

2020 sollte meine zweite Zeit in Isolation und gleichzeitig mein Neustart in ein normales Leben werden. Ein stinknormales Leben mit einem geregelten Job, festen Arbeitszeiten, einer tollen Wohnung und zwei wundervollen Kätzchen.  2020 ist auf so vielen Ebenen einfach ein ganz schlimmes Jahr, aber andererseits auch mein Neustart, meine Wiedergewinnung der Normalität und der Verlust dieser Angst nicht hinterher zu kommen. Ich bin 23 – 2 Jahre sind weg. Das ist jetzt so und das wird sich nicht mehr ändern, aber was soll’s! Wie viel liegt denn bitte noch vor mir? Wie viele Wünsche kann ich mir noch erfüllen und wie sehr kann ich es genießen zu tun, was ich möchte und nicht ständig an die Wohnung gefesselt zu sein. 

Am 01. August habe ich eine Ausbildung gestartet. Endlich! Die letzten Monate habe ich mich zwar mit Nebenjobs über Wasser gehalten, doch etwas handfestes habe ich einfach noch nicht in der Tasche. Es ist ein so schönes Gefühl wieder etwas für meine Entwicklung tun zu können – so wie gesunde Menschen – so, wie alle anderen auch. Ich lerne so viele tolle neue Menschen kennen und gewinne tausend neue Eindrücke. Das Leben geht weiter und nach einem endlosen halben Jahr, nach Beendigung der Intensivtherapie darf ich wieder produktiv sein, darf mein Leben weiterleben. 

Als wäre das alles nicht schon aufregend genug für mich, habe ich mir zusätzlich auch noch einen großen Traum erfüllt. Schon ganz lange wünsche ich mir zwei Kätzchen, die mich auf Trapp halten und durch die Wohnung scheuchen. Wenn ich etwas aus der Krankheit gelernt habe, dann dass man nichts aufschieben sollte. Es klingt zwar, wie ein kitschiger Wand-Tattoo-Spruch, doch es ist die Wahrheit – Wünsche sind da, um sie zu erfüllen. Nachdem ich lange gar keinen Kontakt zu Tieren haben durfte habe ich mir jetzt meinen Traum erfüllt und bin ganz verliebt in meine Schätze. 

Ob Corona mir das Jahr versaut hat? Niemals! Ich hätte niemals damit gerechnet, dass dieses Jahr so stattfindet. Ich dachte an Partys, Festivals, Sommerabende am Wasser mit einem Glas Aperol in der Hand und Live-Musik im Hintergrund. Es hätte so schön sein können. Doch ist es jetzt nicht auch schön?

Ich bin nicht in der Situation mich irgendwie beschweren zu wollen. Mein Jahr 2020 ist großartig, nur auf eine ganz andere Weise, eine Weise, die ich mir hätte niemals erträumen lassen. Keine Festivals, keine Partys, keine Menschenmengen und trotzdem, die Menschen, die ich liebe um mich Herum, und die Schritte die ich gehen wollte und will gehe ich und das in einem so hohen Tempo, trotz Corona, trotz eines „versauten“ Jahres.
Es ist ein leidiges und nerviges Thema, das keiner mehr hören kann und ich bin mir sicher, dass jeder mindestens 300 Kreuze macht, wenn alles vorbei ist.  Doch bis dahin sind wir kreativ und machen 2020 zu dem, was es ist: Einem Ereignisreichen Jahr, was uns im Nachhinein vielleicht nicht nur negativ in Erinnerung bleibt. 

Zuhause.


Die Zeit vergeht so schnell und es überschlagen sich die Ereignisse. Jetzt sitze ich hier zwischen all den Kartons, die sich in der kleinen Wohnung gefühlt bis unter die Decke stapeln. Ein normales „durch die Wohnung laufen“ ist nicht möglich. Es herrscht Chaos. Und trotzdem denke ich an alle Momente zurück. 

Nach dem Feiern sind wir hergekommen um hier zu pennen. Immer wieder haben wir mit unseren Leuten hier zusammen gesessen und gelacht. 

Ich weiß noch, als ich das erste Mal hergekommen bin und mir dachte: Verdammt ist das schön hier. Außen Pfui, innen Hui. Wir hatten so viel Spaß hier, bis ich dann krank wurde. 

Du hast mich hier aufgefangen und schnell wurde es zu meinem Zuhause. Quasi zwangsläufig und ungeplant sind wir dann zusammengezogen. Du hast mir hier ein Zuhause geschenkt, einen Ort auf den ich mich freuen konnte, wenn ich aus dem Krankenhaus kam. Doch vor allem Du hast ihn zu meinem Zuhause gemacht. 

Niemand hätte je gedacht, dass wir sowas durchmachen müssen, doch jetzt hat sich das Blatt gewendet. Alles verändert sich und wir können einen großen Teil der Geschichte hinter uns lassen. Es öffnet sich ein neues Kapitel, auf das ich mich unendlich freue. Neuer Job, neue Wohnung, neues Leben. Ich freue mich auf die neue Wohnung, für die wir uns selbst entschieden haben, wir selber und kein zwangsläufiger Umstand. Ich freue mich auf all die neuen Momente, die auf uns zukommen. 

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlasse ich unser kleines Zuhause um weiterzuziehen. Mir bleibt nichts Anderes, als Danke zu sagen. Danke, für den Zufluchtsort, den du mir gegeben hast, als ich ihn gebraucht habe. 

Auf eine strahlende Zukunft in einem neuen Zuhause, welches wir mit guten Erinnerungen füllen werden. 

Kreativität & Vorsicht.


Einige Wochen sind vergangen und was soll ich sagen? Es gab bisher auch einfach nichts zu erzählen. Meine Aktivitäten in der letzten Zeit lassen sich auf spazieren, kochen, backen, putzen und Sonne tanken reduzieren. Natürlich hocke ich nicht nur auf der Couch, sondern gehe auch vor die Tür, um mich zu bewegen. Es geht so schnell, dass der Körper Muskeln abbaut und das kann ich wirklich nicht noch einmal gebrauchen. Aus dem Grund soll ich sogar vor die Tür gehen, natürlich am besten ganz alleine und mit reichlich Abstand zu anderen Menschen. 

Einmal die Woche steht auch der Besuch beim Wochenmarkt an. Ich habe mir da einen kleinen Trick überlegt, der vermutlich nicht für jeden etwas wäre. Langschläfer kommen hierbei eher nicht auf ihre Kosten. Mein Tipp: So früh hingehen, wie es nur geht. Für mich heißt es so ca. 7:30Uhr, da bin ich dann fast komplett alleine und kann alles was ich brauche in Ruhe besorgen. Gehe ich dann gegen 10Uhr raus ist der Markt tatsächlich ziemlich voll und das wäre mir einfach zu riskant. 
Da meine Reha auf der Kippe steht, beziehungsweise es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie stattfindet, bin ich auf den „Sport-Zug“ mit aufgesprungen und gehe mehrmals die Woche Joggen. Ich muss zugeben: Gerne mache ich das nicht, aber nichts tun ist für mich keine Option. Ich fühle mich heute so fit, wie lange nicht mehr und das ist so ein fantastisches Gefühl. Quasi Reha von Zuhause. 


Häufig vergesse ich tatsächlich einfach was da draußen momentan eigentlich so los ist und werde unvorsichtig. Das Wetter lädt natürlich dazu ein nachlässiger zu werden und die Corona-Vorsichtsmaßnahmen zu „vergessen“. Ich kann das absolut nachvollziehen, es ist ja auch einfach nur menschlich bei der wundervollen Sonne nicht in der Bude hocken zu wollen, geht mir ja genauso. Jedoch hat es nichts damit zu tun sich trotz der Regelungen in Gruppen mit 5-6 Personen, häufig auch mehr, zu treffen und auf alles zu scheißen. Die Vorkehrungen werden zwar momentan gelockert, jedoch heißt es noch lange nicht, dass jetzt alles vorbei ist. Es ist ein absoluter Irrglaube zu denken, dass der Virus weg ist. Wenn wir danach gehen würden, wäre die Pandemie bald schneller und stärker zurück, als vorher. Ich weine um den Festival-Sommer. Ich weine um all die schönen Veranstaltungen, die diesen Sommer nicht stattfinden können. Ich weine um Deichbrand, ich weine um den Musiksommer im Fischereihafen und ich weine um die Sail. Endlich wieder loslegen zu können, endlich wieder Spaß haben, endlich wieder auch solche Veranstaltungen genießen zu können, wie alle anderen. Das war der Plan für dieses Jahr. 2020 wird mein Jahr habe ich gesagt und dann kam Corona. Doch was bringt das Meckern? Nichts, richtig! Ich bin traurig, ich bin wahnsinnig traurig, doch weiß ich auch, dass es mir dieses Jahr gut gehen wird und das macht es schon zu meinem Jahr. Auch ohne Veranstaltungen werde ich diesen Sommer in vollen Zügen genießen und jeden Moment versuchen so schön wie möglich zu machen, ohne mein Umfeld, meine Familie oder mich selbst zu gefährden.

Ich vermisse meine Familie und ich vermisse meine Freunde, doch bin ich nicht alleine und dafür bin ich unendlich dankbar. Wann kann man sich wieder ohne Bedenken besuchen? Wann muss man nicht mehr sein Leben nach diesem Virus ausrichten? Ich bin gespannt und kann es kaum erwarten. Doch trotz meiner Ungeduld heißt es jetzt weiter durchhalten und die Füße stillhalten. 
Der Sommer kommt trotzdem und er wird trotz dieses ganzen Spukes ein toller Sommer, den wir so schnell nicht vergessen werden, da bin ich mir sicher! Kopf in den Sand stecken hat noch nie jemandem etwas gebracht. Kreativität und trotz allem Vorsicht sind jetzt angesagt, um den Sommer 2020 zu einem Schönen zu machen.

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Ganz frisch 2 Artikel zu meiner Geschichte in Verbindung mit Corona:
https://www.bild.de/regional/bremen/bremen-aktuell/fenja-23-sie-hat-leukaemie-besiegt-jetzt-hat-sie-angst-vor-corona-70141878.bild.html

https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bloggerin-aus-bremerhaven-kennt-soziale-distanz-durch-ihre-krebserkrankung-_arid,1909113.html

https://www.norderlesen.de/Leute/Moin-Fenja-Harms-Kaffee-Talk-40687.html